top of page
Tharos only.JPG

Der Dunkelholzwald

Einst erstreckte sich der Dunkelholzwald bis zum Sinthorasee und reichte knapp an das Myhltal heran. Der Wald bestand aus großen Nadelbäumen und knorrig wirkenden Laubbäumen. Er war dicht und reich an Beeren und Nüssen. Kräuter und seltene Pflanzen wuchsen auf Lichtungen und kleine Bäche durchzogen den Wald wie Adern.  Er versorgte die Menschen. Sie nahmen sich von seinem Holz, lebten von seinen Früchten. Doch die Anzahl der Menschen nahm zu. Sie bauten Höfe, ganze Dörfer. Jedes benötigte Brennholz zum Kochen und Bauholz für die neuen Gebäude. Sodass der Wald bald zu schrumpfen begann. Die Waldtiere wurden illegal und unkontrolliert bejagt, Sträucher herausgerissen und in Gärten eingepflanzt. Im Gehölz wurde es still.  

Schließlich war von dem einst so stattlichen Mischwald nicht mehr als ein Viertel der ursprünglichen Größe übrig.

Die Menschen jedoch schien dies nicht zu kümmern. Bis eines Tages eine Gruppe von erfahrenen Jägern spurlos im Dunkelholzwald verschwand. Die Sorge war groß und so schickte man ihnen Leute nach, um sie zu suchen. Auch diese kehrten nicht zurück. Gerüchte über wilde Kreaturen verbreiteten sich - Wesen mit Klauen und scharfen Zähnen, welche jedes waldfremde Wesen in Stücke rissen. Man munkelte, dass des Nachts kleine Lichtkugeln zu sehen seien und der ein oder andere behauptete nach Genuss von zu viel Alkohol, dass er mindestens einen kenne, der einen kannte, der den Lichtern in den Wald folgte und dort für immer verloren ging.

Einer behauptete sogar von sich, er wäre dem Wald lebend entkommen. Auf der Jagd nach einem Reh wäre er überrascht worden und ein Fuchs in der Größe eines Wolfes mit stechend roten Augen habe ihn gehetzt. Ein Maul mit Zähnen so groß und scharf wie Dolche hätte er gehabt. Feuerrotes Fell mit Blättern und Moos darin. Bäume, welche ihre Wurzeln aus dem Erdreich hoben, hätten ihn versucht zu fangen und nach ihm gegriffen. Außerdem hätten sie Gesichter gehabt und ihn missbilligend und hasserfüllt angestarrt. Die Leute taten das Gerede des Mannes als dummes Geschwätz ab, doch nach und nach verschwanden immer mehr Menschen im Wald.

Um die Kreaturen und Geister im Dunkelholzwald ruhig zu stellen, errichteten die Menschen am Waldrand einen kleinen Schrein, an dem Sie Opfergaben darbrachten. Fleisch von ihren Höfen, Bier, Wein, und Korn. Doch Missernten suchten das Land heim und auch Krankheiten wüteten und trieben die Menschen in die Armut. Die ärmsten unter ihnen waren zuweilen so verzweifelt, dass sie ihre Neugeborenen dem Wald schutzlos überließen – hoffend, dass die Waldgeister in Zukunft Haus, Hof und Familie verschonen würden.

Heute traut sich von den Einheimischen niemand mehr freiwillig in den Wald hinein.
Nur die Mutigsten, die sich des Nachts in die Nähe des Waldrandes trauen, berichten noch von den Lichtern und einem Paar roter Augen, welches sie aus dem Dickicht heraus beobachtet. Und einem Wind, dessen Rauschen in den Blättern wie Atem klingt.

bottom of page